Traum-a
So gesehen: es gibt keine wirklichkeit!
Ein organischer apparat, geschützt und gefangen in einer engen knochenkapsel, besteht aus 100 bis 600 milliarden (!!!) zellen. Jede dieser nervenzellen hat rund 10000 eingabestellen von anderen neuronen und nur wenige ausgabestellen. Das ding "hirn" sieht,hört, empfindet etc. nichts - es ist in einer temperaturkonstanten, flüssigkeitsgepufferten, geschlossenen schüssel auf-bewahrt. Daß es soweit kommen konnte, scheint mit einer unzahl von entwicklungsdurchgängen zu tun zu haben - schon eine erstaunliche strecke: vom einzeller zum milliarden-einzeller, der mikrochips herstellen läßt! die lernfähigkeit dieser zeitkohorten von menschlichen prototypen scheint zwar für die individuelle zeitspanne gegeben - möglicherweise lernen wir aber ganz wenig dazu, sondern wir nennen die persönliche entfaltung der genetischen talente irrtümlicherweise "lernen". Dieses "lernen" entspräche der anlagebedingten adaptationsfähigkeit des jeweiligen menschen - die oft zitierten "tüchtigen" weisen die bessere entsprechung für das umgebende auf; wer besser entspricht, hat mehr "freie" möglichkeiten, hat mehr lust und in lustvoller konsequenz mehr nachkommen. In den zurückliegenden 100000 jahren - mit zunahme der lebensspanne (durch kulturtechniken ermöglicht) - konnten vier kopien=generationen (mit jeweils leichten abänderungen durch den genetischen mix) nebeneinander leben, sich fördern oder bis zur selbstzerstörung auf die nerven gehen. Jedenfalls konnten diese "viererpacks" einander iterativ versichern, daß das scheinbare wirklich und wahr sei; daß die regeln einer ableitbaren ordnung (früher von "gott" gegeben - jetzt vom wissen der menschen erstellt) entsprechen. So kommen jene bemerkenswerten "aussagen" zustande - wie :"eine rose ist eine rose ist eine rose" oder "am anfang schuf gott ...." oder" e=mv²"oder "der traum ist die via regia zum unbewußten" oder "worüber man nichts zu sagen hat, muß man schweigen" oder "daß der mensch vom affen abstamme" usw..... So gesehen, gibt es keine wirklichkeit - aber es gibt eine milliardenfach erzählte geschichte, daß es sie doch gibt... Ein psychotisch denkender junger mann schrieb mir einmal auf: "es gibt unendliche viele wirklichkeiten, die der mensch noch gar nicht gedacht hat, und die erst dekliniert(!) werden müssen" - dieser junge mann hat selbstmord gewählt. Eine andere herangehensweise - die uns verlockend fremd erscheint, weil sie wenig mit der hauptgeschichte unserer "viererpacks" zu tun hat:"ein roher schlächter (von tausenden schafen) tritt auf den buddah zu und sagt:"ich bin eine der zehntausend wiederverkörperungen des buddah!" der sagt:"wahrlich, du bist es!" So gesehen, gibt es auch kein trauma; aber es gibt störungen unserer traditionellen voraus"berechnungen" der "wirklichkeit"; verhinderungen der flucht und leiblichen schmerz - und die erinnerung daran, wenn auch alles schon vorbei ist. "a traum oder a trauma?"
Eine in derartigen erwägungen durchaus angebrachte anmerkung bezieht sich auf garfield - den kater. Eine seiner taktisch, lebenskundigen maximen:"wenn du sie nicht überzeugen kannst, dann verwirre sie!"
Womit haben wir es in der psychotherapeutischen arbeit zu tun? Was wollen wir den eigentlich?schon davor gesagt - mir geht es eher selten um das er-gründen; das scheint mir sehr oft zum be-gründen neuer, nur zum teil zweckmäßiger konstrukte zu führen. Und wenn diese neu-gründungen auf der zuneigungsebene, die uns klientInnen in ihrer not entgegenbringen, beruhen, dann ist damit auch schon eine quasi-neurotische fixierung mitprogrammiert. Wer kann sich schon locker diesem übertragungsgefälle entziehen; wer kann apostolische/apodiktische feststellungen einfach aufheben - nach dem motto: das ist nur eine der vielen möglichen sichtweisen zum phänomen? Ab und zu - wenn es vom klienten und von mir her stimmt- ist ein stollen in die schichten der erinnerung zu treiben -ok! Ich arbeite für die zunahme der möglichkeiten der klientInnen - denn in der zunehmenden menge von denkspielen um ein phänomen liegen mit größerer wahrscheinlichkeit lösungen; außerdem sind damit überraschung+kreativität - vor allem aber neugier gekoppelt; regungen, die ich als intrinsische motivationsmotoren hoch einschätze. Dazu ein zitat aus heinz v. förster´s kybernEthik, das mich zuletzt sehr angeregt hat: "aber das kann doch nicht sein.... nur einer kann im besitz der wahrheit sein!" "das problem ist nicht wahrheit", antwortete er,"das problem ist vertrauen". Ich hatte verstanden: das problem ist das einander verstehen; das problem liegt im verstehen des verstehens; das problem besteht darin, entscheidungen über prinzipiell unentscheidbare fragen zu treffen. "was soll ich ihnen sagen?" Sag ihnen, sie sollten immer so handeln, die anzahl der möglichkeiten zu vermehren!" Faszinierend ist, daß die innere spiegelung dessen, was irgendwie draußen sein könnte, wie eine art kugel-imax uns innen(!!) umschließt, während wir das gewisse gefühl haben, ein selbstverständliches draußen mit unseren sinnen draußen wahrzunehmen. Innen und außen beginnen sich damit - zumindest für mich - so zu verquicken, daß beide behauptungen nur konvention sein können.Dann schaue ich aus dem fenster - bewegte, bunte mehrsinnige welt; und auch für mich nicht sicher überprüfbar - ich werde die spitze der pappel vor meinem fenster nie erklimmen/ auch nicht durch einen flugapparat zu erforschen suchen. Kann es sein, daß sich alles das mein kugelapparat ausdenkt? Wohl kaum - wofür auch die mühe. Also nehme ich die gegebenheit dieser außen"erscheinungen" an; gebe ihnen namen und unterhalte mich mit anderen manchmal darüber, ob sie mit gleichen namen ähnliche erfahrungen verbinden.
Ähnliches kann ich auch von den therapeutischen unterhaltungen sagen - wir nennen in diesen gesprächen phänomenologisch relevante namen (mutter, vater, liebe, sex, traum-a usw.) und erzählen dann geschichten über ähnliche oder auch sehr anders gelagerte erfahrungen.
In der therapie ist für mich derzeit neben dem interesse an lösungen ein zweiter wesentlicher teil der, den klientInnen zu vermitteln, daß sie mit ihren namen und ihren erfahrungen nicht alleine sind Stell dir vor, du kommst wieder in das paradies zurück; es ist immer noch da - alles ist viel üppiger geworden; alles - du, adam/eva, sogar die apfelbäume. Gott ist verschwunden, und Namen, erfahrungen, die vielen geschichten sind deinem "du" zu erzählen...
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